Kostbar gekrönt, gegürtet und behangen, wohl behütet und treu bedient: Prinzessinnen pflegen einen besonderen Lebensstil. Zumindest im Märchen sind sie dabei immer schön, edelmütig und voll der Anmut. Wirklich zauberhaft! Dies lässt sich auch von der edlen und zurückhaltenden Orchidee sagen, der Prinzessin unter den Zimmerpflanzen. Die Ureinwohner Australiens glaubten gar, eine solche Schönheit könne nicht von dieser Welt stammen. Der Legende nach haben die Götter sie aus ihrem Sternengarten auf die Erde geschüttet, wo sie von Bäumen und Bergen behutsam aufgefangen wurde, um fortan die Welt der Menschen zu besiedeln. Zu finden war die Orchidee ursprünglich vor allem in tropischen und subtropischen Regionen, bis im 16. und 17. Jahrhundert zahlreiche Abenteurer ausschwärmten und hunderttausende Pflanzen nach Europa holten. Die erste tropische Orchidee blühte in Europa 1615 in den Niederlanden. Seitdem entwickelten Züchter daraus eine fast unüberschaubare Vielfalt aus Farben und Formen. Je nach Gattung, Art und Sorte blühen Orchideen weiß, gelb, rosa, rot, blau oder mehrfarbig, stehen aufrecht oder neigen sich sanft: Eine prächtiger als die andere!

Natürlich mit Thron

Die Favoritin unter den tropischen Zimmerorchideen ist seit Jahren die Phalaenopsis. Der botanische Name dieser Gattung ist dem griechischen Wort „Phalaina“ (= Nachtfalter) und der Endung „–opsis“ (= Aussehen) entlehnt. Tatsächlich muten ihre Blüten wie prächtige Falter an, die sich jeden Moment elegant erheben. An einem bis zu 30 Zentimeter langen Stämmchen sitzen große, breite und ledrige Blätter, meistens in Dunkelgrün, seltener auch in Blaugrau. Von unten nach oben öffnen sich paarweise die herrlichen Blüten. Der Phalaenopsis sehr ähnlich ist die Doritis, deren Blätter zwar deutlich kleiner, dafür aber besonders fest und haltbar sind. Wie alle Orchideen im Topf gehören Phalaenopsis und Doritis zu den Aufsitzerpflanzen, d. h. sie thronen in der Natur königlich hoch oben auf den Bäumen des Regenwaldes. Trotzdem sind sie keine Schmarotzer, denn sie nutzen ihre Wirtspflanzen nur, um sich mit ihren Luftwurzeln festzuhalten und entnehmen ihr keine Nährstoffe. Wegen der besonderen Beschaffenheit ihrer Wurzeln sollte man Orchideen nicht in einfache Blumenerde pflanzen. Ein gutes Orchideensubstrat besteht aus Rindenstückchen, Blähton oder Kork, damit sich die Wurzeln gut verankern können und durchlüftet werden. Die meisten Orchideen benötigen einen hellen Platz ohne direkte Sonne und wenig handwarmes Wasser. Sie blühen umso üppiger, wenn ihre Blätter einmal wöchentlich besprüht werden.

Märchenhafter Blütenreigen

Schön wie Aschenputtels verlorener Schuh sind die Blüten der Gattung Paphiopedilum, auch Frauenschuh genannt. Die Blätter leuchten hellgrün, manchmal sind sie auch marmoriert. Der untere Teil der Blüten erinnert in seiner Form an feines Schuhwerk, der obere Teil ist größer als bei allen anderen Orchideen. Die beiden äußeren Blütenblätter sind oftmals kunstvoll gedreht. Odontoglossum und Vanda sind zwei weitere ausdrucksstarke Gattungen. Odontoglossum-Orchideen heißen auch Tigerorchideen oder Zahnzungen: Ihre Blüten sind wie das Fell beim Tiger mehrfarbig und gescheckt. Der botanische Name leitet sich von den griechischen Wörtern „odon“ (=Zahn) und „glossa“ (= Zunge) ab. Unter den Vandeen ist besonders die Vanda coerulea außergewöhnlich. Sie stammt ursprünglich aus dem indischen Assam/Burma und ist blaublütig, was bei Orchideen sehr selten vorkommt. Die zart bis kräftig blauen Blüten erscheinen zu mehreren an den Rispen, die an einem aufrechen Stiel wachsen. Dieser ist dicht an dicht von ledrigen, fleischigen Blättern umgeben. Mit zartem Vanilleduft betören Oncidium-Orchideen, deren etwas kleinere Blüten zumeist gelb oder braun sind oder in einer Kombination aus beiden Farben bestehen.

Zeit für ein Wohlfühl-Bad

Um optimal zu wachsen, gehen Orchideen gerne auf Tauchstation: Da ihnen Staunässe aufs königliche Gemüt schlägt und sie von Zeit zu Zeit eine Trockenphase mögen, ist das Eintauchen der Pflanze in einen Eimer Wasser eine gute Alternative zum Gießen. Am besten verwendet man dabei weiches Regenwasser, in das die Orchidee für ein bis zwei Minuten gehalten wird, ohne dass sich das Substrat lösen kann. Nach dem Bad muss die Pflanze gründlich abtropfen. Die Feuchtigkeit hält sich nun je nach Grobheit des Substrats zwischen einer und drei Wochen. Doch trotz bester Pflege verblüht selbst die prächtigste Orchidee irgendwann einmal. Wenn man sie dann jedoch für einige Wochen in einen etwas kühleren Raum stellt, wachsen rasch neue Blüten. Phalaenopsis-Orchideen treiben erneut aus, wenn ihre Blütenstiele nach der Blüte um die Hälfte eingekürzt werden. So besteht die Monarchie der göttlichen Prinzessinnen noch lange fort und sie bezaubern monatelang mit ihrer Eleganz.

Text und Fotos: CMA